Junges-Maedchen weigert sich Weissbrot zu essenZöliakie: Was Sie über die Glutenunverträglichkeit wissen sollten

Zöliakie ist eine chronische Erkrankung des Dünndarms, die durch eine Überempfindlichkeit gegenüber Gluten ausgelöst wird. Gluten ist ein Klebereiweiß, das in vielen Getreidesorten wie Weizen, Roggen, Gerste oder Dinkel vorkommt. Bei Menschen mit Zöliakie führt der Kontakt mit Gluten zu einer Entzündung und Schädigung der Dünndarmschleimhaut, die zu verschiedenen Beschwerden und Folgeerkrankungen führen kann.

Wie häufig ist Zöliakie?

Zöliakie ist eine relativ häufige Erkrankung, die weltweit etwa ein Prozent der Bevölkerung betrifft. In Deutschland wird die Zahl der Betroffenen auf etwa 400.000 geschätzt, wobei viele Fälle unerkannt bleiben. Die Erkrankung kann in jedem Lebensalter auftreten, am häufigsten wird sie jedoch im Kindesalter oder zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr diagnostiziert. Frauen sind etwa doppelt so oft betroffen wie Männer.

Was sind die Ursachen und Risikofaktoren für Zöliakie?

Die genauen Ursachen für Zöliakie sind noch nicht vollständig geklärt. Es handelt sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem fälschlicherweise Gluten als fremd und gefährlich erkennt und Antikörper dagegen bildet. Diese Antikörper greifen dann die eigenen Darmzellen an und verursachen eine Entzündungsreaktion.

Die Entstehung von Zöliakie hängt von mehreren Faktoren ab, darunter genetische Veranlagung, Umwelteinflüsse und Ernährungsgewohnheiten. Etwa 95 Prozent der Betroffenen haben bestimmte Varianten des HLA-Gens (humanes Leukozyten-Antigen), das für die Erkennung von körpereigenen und körperfremden Stoffen zuständig ist. Diese Varianten begünstigen die Bildung von Antikörpern gegen Gluten. Allerdings haben auch viele gesunde Menschen diese Genvarianten, sodass weitere Faktoren beteiligt sein müssen. Dazu zählen unbekannte Gene, aber auch diese beiden Faktoren:

  • Infektionen: Einige Studien haben einen Zusammenhang zwischen frühen Magen-Darm-Infektionen (insbesondere wiederholten Infektionen im ersten Lebensjahr) und einem erhöhten Risiko für Zöliakie gefunden. Möglicherweise beeinträchtigen diese Infektionen die Entwicklung des Immunsystems oder verändern die Darmflora.
  • Säuglingsernährung: Die Art und Weise der Säuglingsernährung kann einen Einfluss auf das Risiko für Zöliakie haben. So haben Kinder, die bis zu ihrem sechsten Lebensmonat von ihren Müttern gestillt wurden, ein geringeres Risiko für Zöliakie als Kinder, die früher abgestillt wurden. Muttermilch scheint das Immunsystem zu stärken und zu einer Toleranz gegenüber Gluten zu führen. Außerdem ist es wichtig, dass die erste Beikost nicht zu große Mengen an glutenhaltigen Lebensmitteln enthält.

Zudem gibt es einige Erkrankungen, die mit einem erhöhten Risiko für Zöliakie einhergehen oder als Folge davon entstehen können.

Dazu gehören unter anderem:

  • Diabetes mellitus Typ 1
  • Schilddrüsenerkrankungen (Hashimoto-Thyreoiditis, Morbus Basedow)
  • Rheumatoide Arthritis
  • Lymphome (Lymphdrüsenkrebs)
  • Multiple Sklerose
  • Dermatitis herpetiformis (eine Hauterkrankung)
  • Osteoporose (Knochenschwund)
  • Anämie (Blutarmut)
  • Down-Syndrom (Trisomie 21), Ullrich-Turner-Syndrom, Williams-Beuren-Syndrom

Wie äußert sich Zöliakie?

Die Symptome einer Zöliakie können sehr unterschiedlich sein und variieren je nach Alter, Schweregrad der Erkrankung und individueller Empfindlichkeit. Viele Betroffene haben gar keine oder nur milde Beschwerden, während andere unter starken Beeinträchtigungen leiden.

Die typischen Symptome einer klassischen Zöliakie sind vor allem Verdauungsbeschwerden wie:

  • Durchfall
  • Blähungen
  • Bauchschmerzen
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Fettstuhl

Diese Symptome können mehrere Stunden oder Tage nach dem Verzehr von Gluten auftreten.

Resultieren tun die Beschwerden durch die gestörte Aufnahme von Nährstoffen im Dünndarm infolge der Schädigung der Darmzotten (die fingerförmigen Ausstülpungen der Schleimhaut). Die Darmzotten sind für die Resorption von Zucker-, Eiweiß- oder Fettbestandteilen aus der Nahrung verantwortlich. Wenn sie beschädigt sind, können diese Nährstoffe nicht mehr ausreichend ins Blut gelangen und verbleiben größtenteils unverdaut im Darm. Dies führt zu einem Mangel an wichtigen Substanzen im Körper.

Zöliakie Symptome bei Kindern und Erwachsenen

Neben Verdauungsbeschwerden wie Durchfall, Verstopfung, Blähungen, Bauchschmerzen oder Krämpfen sind folgende Symptome typisch für eine Zöliakie:

  • Müdigkeit, Schwächegefühl oder Migräne
  • Blässe, fahle Haut oder Hautausschläge
  • Muskelschwäche oder Knochenschmerzen
  • Appetitlosigkeit oder ständiges Hungergefühl
  • Blutungsneigung oder Anämie durch Eisen-, Vitamin-K- oder Folsäuremangel
  • Nervosität, Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme oder Depressionen

Bei Kindern können zudem folgende Symptome auftreten:

  • Wachstumsstörungen oder verzögerte Pubertät
  • Weinerlichkeit, Lustlosigkeit oder Reizbarkeit
  • Entzündete, geschwollene Zunge (Glossitis)
  • Zahnschmelzdefekte oder häufige Karies
  • Schulische Leistungsschwäche

Bei Erwachsenen können zusätzlich folgende Symptome auftreten:

  • Osteoporose (Knochenschwund) oder Osteomalazie (Knochenweichung) durch Vitamin-D-Mangel
  • Erhöhtes Risiko für Fehlgeburten bei Frauen oder Impotenz bei Männern
  • Zyklusstörungen bei Frauen oder verminderte Fruchtbarkeit bei beiden Geschlechtern
  • Leicht erhöhtes Risiko für bestimmte Krebserkrankungen des Magen-Darm-Trakts wie Lymphome (Lymphdrüsenkrebs) oder Karzinome (bösartige Geschwülste)

Laut einer schwedischen Studie beschränkt sich jedoch der Risikoanstieg auf Patienten, die die erst nach dem 40. Lebensjahr die Diagnose Zöliakie erhalten haben. Außerdem ist das Krebsrisiko vor allem im ersten Jahr nach der Diagnose erhöht.

Die Diagnose einer Zöliakie erfolgt meist durch eine Kombination von verschiedenen Untersuchungen wie Bluttests auf spezifische Antikörper gegen Gluten (Anti-Tissue Transglutaminase-Antikörper), eine Magenspiegelung mit Gewebeentnahme aus dem Dünndarm zur mikroskopischen Beurteilung der Schleimhautveränderungen und gegebenenfalls einen Gentest auf bestimmte genetische Marker (HLA-DQ2 und HLA-DQ8), die das Risiko für eine Zöliakie erhöhen.

Die einzige wirksame Behandlung einer Zöliakie ist eine lebenslange strikte glutenfreie Ernährung. Das bedeutet den Verzicht auf alle Lebensmittel, die Gluten enthalten wie Brot, Nudeln, Kuchen, Bier etc. Auch Spuren von Gluten in verarbeiteten Lebensmitteln müssen vermieden werden. Eine glutenfreie Ernährung führt meist zu einer raschen Besserung der Beschwerden und einer Regeneration der Dünndarmschleimhaut.